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Webcam: Der Spion, der aus der Kamera kam

Ildiko Bruhns | 22 Feb 2021
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Ich dachte früher immer, Leute, die ihre Webcam abdecken, seien besonders übervorsichtig. Doch einige Zeit später habe ich selbst meine Kamera am Laptop wie ein Weltmeister lückenlos abgeklebt, wenn ich sie nicht brauchte – und mache dies teilweise bis heute. Erst recht, wenn mein Kind auf meinem Computer seine Lieblingsserien schaut. Sogar Mark Zuckerberg schirmt sich ab, wie aus Versehen ein Schnappschuss verriet. Auch Elon Musk und der Chef der US-amerikanischen Sicherheitsbehörde FBI decken ihre Webcam ab. Sie alle gehen auf Nummer supersicher. Aber ist das denn überhaupt nötig? Oder gibt es etwas anderes als die Klebelösung?

Webcams lassen uns nicht mehr aus dem Auge

Ich war mir sicher, ich würde bemerken, wenn jemand auf meine Webcam zugreift, am LED-Licht zum Beispiel. Aber heutzutage finden Cyberkriminelle Mittel und Wege, durch die Hintertür ohne „sichtbare Spuren“ hindurch zu spähen, wie durch ein offenes Schlüsselloch. Denn häufig ist die Kamera losgelöst von der LED steuerbar und auch erst dann deaktiviert, wenn man den Rechner tatsächlich abdreht. Wenn uns als Erwachsene schon nicht auffällt, dass wir ausspioniert werden, wie sollen unsere Kids die Gefahr wittern? 

Notebooks  laufen heute standardmäßig mit einer Webcam vom Band. Viele Apps und Programme nutzen sie und könnten sie theoretisch auch jederzeit anknipsen. So wie Cyberkriminelle mittlerweile, sie müssen nicht mal besonders versiert sein. Für sie ist Webcam-Hacking keine Herausforderung. Die Schadsoftware können sie im Darknet kaufen. Dann versenden sie das Spähprogramm, zum Beispiel in Form eines Trojaners, über gefälschte E-Mail-Links mit besonders spannenden oder lustigen Themen, um die Nutzer zum Klicken zu bewegen. Dieses sogenannte Phishing gehört immer noch zu den beliebtesten Tricks der Angreifer, um einen Computer mit Schadsoftware unter Kontrolle zu bringen. Hat das geklappt, ist es auch kein Problem, Ihre Kamera ohne Ihr Wissen zu aktivieren. Die Kriminellen können dann alles sehen und aufzuzeichnen, was in Ihren vier Wänden vor sich geht. Und oftmals stehen unsere Geräte „mittendrin“, zum Beispiel im Wohnzimmer oder Büro, also da, wo sich unser Privat- oder Arbeitsleben die meiste Zeit abspielt. 

Angreifer können uns ohne Vorsichtsmaßnahmen filmen, vertrauliche Daten abfangen oder Schnappschüsse von uns und unseren Kids  machen. Manche benutzen das aufgenommene Material, um die Opfer zu erpressen oder ihre vertraulichen Informationen wie Passwörter, Zugangsdaten etc. gewinnbringend zu verkaufen. 

Sicherheitslösung ist Alternative und/oder optimale Ergänzung

Moderne Sicherheitslösungen mit integrierten Webcam-Schutz können die Gerätelinse auch eleganter absichern. Die Technologie sollte Prozesse und Anwendungen aufzeigen, die auf die Webcam zugreifen und den Anwender über Zugriffe benachrichtigen. Niemand kann so die Kamera unbemerkt nutzen. Mit einer modernen Sicherheitslösung sieht also der Online-Kriminelle auch ohne Aufkleber genauso schwarz, wenn er die Webcam hackt.

Tipps, wie Sie sich und Ihre Kids vor fremden Blicken abschirmen:

• Zeigen Sie Ihren Kindern, wie einfach es ist, ihre Webcam zu schützen. Erklären Sie ihnen, warum es wichtig ist, die Kamera abzusichern. 

• Stellen Sie sicher, dass die Standardeinstellung der Webcams Ihrer Kinder auf "Aus" steht.

• Verwenden Sie eine zuverlässige, moderne Internet-Sicherheitslösung, die Ihre Webcams auf Software-Ebene schützt. Integrierte Webcams lassen sich mithilfe weit verbreiteter Viren und Malware so nicht mehr hacken. 

• Achten Sie darauf, dass Ihre Kinder keine Webcams oder Smart-Geräte mit Kameras an Orten aufstellen, wo besonders sensible oder intime Situationen zu sehen sind.

• Bringen Sie Ihren Kindern bei, vor einer ungeschützten Webcam nichts zu tun, was sie nicht auch tun würden, wenn jemand zusieht.

• Beschränken Sie für Apps den Zugriff auf die Webcam. Windows-10-Benutzer können das für Store-Apps über die Einstellungen machen. 

• Halten Sie Ihre die (Sicherheits-)Software und Ihr Betriebssystem immer auf den neuesten Update-Stand.

• Denken Sie immer daran: Auch wenn Webcam-Hacking nicht die gängigste Bedrohung von allen ist: Das Abkleben der Webcam tut nicht weh und ist in wenigen Sekunden erledigt.

WAS TUN, WENN ICH DEN VERDACHT HABE, DASS MEINE WEBCAM GEHACKT WURDE?

1. Beobachten Sie den Netzwerkverkehr und die Aktivitäten der Festplatte. Sobald die Webcam alles aufzeichnet, wird ein mitgeschnittenes Video auf der Festplatte zwischengespeichert. Suchen Sie also nach Audio- und Video-Aufnahmen im Ordner Ihrer Webcam, das nicht von Ihnen selbst stammt.

2. Checken Sie Ihre Apps und Browsererweiterungen, deaktivieren Sie jede einzeln, um dem potenziellen Übeltäter auf die Spur zu kommen.

3. Testen Sie als Nächstes, ob der Webcam-Prozess ausgeführt wird. Falls dem so ist,  starten Sie Ihren Rechner neu, um zu sehen, ob sich Ihre Webcam automatisch einschaltet. 

4. Wird der Prozess nicht ausgeführt, sollten Sie die Kamera händisch aktivieren. Erhalten Sie dabei eine Fehlermeldung, dass die Webcam bereits verwendet wird, könnte dies ein Hinweis auf Webcam-Hacking sein.

5. Ziehen Sie den Stecker Ihrer Webcam oder deaktivieren Sie sie die Kamera: Bei externen Webcams einfach die Verbindung zwischen Rechner und Gerät kappen. Interne Kameras müssen deaktiviert werden. Überprüfen Sie dazu die Einstellungen Ihres Gerätes prüfen, schalten Sie die Webcam aus und verweigern Sie jeder einzelnen App den Zugriff darauf.

 

Über den Autor

Ildiko Bruhns /
Sicherheitsexpertin Safer Kids Online

Ildikó ist seit 2011 für ESET tätig und erlebt hautnah, wie sich das Internet jeden Tag gefühlt neu erfindet...

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