Im Jahr 2021 waren 6- bis 18-Jährige im Schnitt 111 Minuten am Tag im Internet – Tendenz steigend. Dazu gehört auch, dass Kinder immer häufiger eigene Inhalte ins Netz stellen. Am beliebtesten sind dabei YouTube, WhatsApp, Instagram und TikTok. Doch dieser Trend birgt auch Gefahren: Oversharing, also das übermäßige Teilen von sensiblen bzw. vertraulichen Informationen, ist ein wachsendes Problem. Vielen Kindern und Jugendlichen ist nicht bewusst, wie viele Nutzer sie mit ihren Posts erreichen und wie Kriminelle die Posts für ihre finsteren Zwecke missbrauchen können.
Die Risiken von Oversharing
Mit jedem Post wächst der digitale Fußabdruck der Kids. Das kann auch negative Auswirkungen auf die Zukunft der Kinder haben. Was heute noch ein lustiger Spaß ist, kommt bei zukünftigen Arbeitgebern vielleicht nicht so gut an. Oversharing spielt auch Cyberkriminellen in die Hände: Wer viel von sich im Internet verrät, serviert verschiedene Angriffsflächen auf dem Silbertablett, zum Beispiel für Cybermobbing oder Stalking. Schon ein paar sensible Informationen reichen aus und Betrüger können ganze Identitäten kopieren oder sie anderweitig für ihre Zwecke missbrauchen.
Was besonders den jungen Social-Media-Nutzern nicht immer bewusst ist: Cyberkriminelle müssen längst nicht mehr händisch Profile durchforsten, um an wertvolle Informationen zu gelangen. Vielmehr greifen sie auf Programme und Dienste zurück, die ihnen auf Knopfdruck eine Fülle an online verfügbaren Informationen bieten – und das in Sekundenschnelle. Generell gilt: Je weniger Kids online von sich preisgeben, desto sicherer sind sie.
Stories verschwinden doch sowieso, oder?
Ein weiterer Teil des Problems: Plattformen wie Snapchat und Features wie Instagram Stories erwecken das Gefühl von Sicherheit, weil Posts maximal für 24 Stunden sichtbar sind und danach wieder verschwinden. Das kann die Risikobereitschaft stärken, intimere Einblicke zu gewährleisten und weniger über Posts nachzudenken. Ein kurzer Schnappschuss vor dem Schulgebäude, ein schnelles Foto am Flughafen auf dem Weg in den Urlaub oder ein Selfie, bei dem vertrauliche Daten wie die Adresse im Hintergrund zu sehen sind.
Eurem Kind muss dabei klar sein, dass andere Nutzer vorher Screenshots machen können und die Beiträge anderweitig verbreiten können. Einen magischen Knopf zum vollständigen Entfernen der Infos gibt es nicht, denn das Internet vergisst nie. Außerdem markieren einige Social-Media-Plattformen den Standort von Beiträgen automatisch, diese Funktion solltet Ihr gemeinsam in den Einstellungen der jeweiligen Apps deaktivieren.
Ein neueres Beispiel von diesen unüberlegten Posts ist BeReal. Auf dieser App geben Nutzer täglich einen spontanen Live-Eindruck ihres Alltags. Dafür kommt unangekündigt jeden Tag zu einer anderen Uhrzeit eine Benachrichtigung. Und dann haben sie zwei Minuten Zeit, um einen realen Einblick zu geben: Ein Foto mit der Front- und Rückkamera. Das können Kids entweder nur mit ihren Freunden oder aber auch mit der ganzen Welt teilen.
Auf der Jagd nach persönlichen Infos
Aber es ist doch so süß, Bilder vom Familienhund bei Insta und Co. zu posten und ihn dort allen vorzustellen! Ist das denn auch gefährlich? Jede noch so kleine Information wird, ähnlich einem Puzzlestück, zu einem Gesamtbild zusammengesetzt: Diese Informationen können Hacker nutzen, um etwa unsichere Passwörter bzw. Merkfragen zu erraten und Online-Konten zu übernehmen. Selbst so harmlose Dinge wie der Name des Haustiers oder das Geburtsdatum sollten deshalb unter Verschluss bleiben. Betrüger sind immer auf der Suche nach persönlichen Informationen, so unbedeutend sie auch zu sein scheinen.
Auch die wachsende Beliebtheit von künstlicher Intelligenz (KI) kommt den Cyberkriminellen dabei zugute. Mit nur wenigen Fotos und Aufnahmen der Stimme können Deepfakes erstellt werden. Diese können zum Beispiel von Trickbetrügern über das Telefon genutzt werden. Es gibt erste Fälle, in denen Eltern vermeintlich von ihren Kindern angerufen wurden. Sie wurden angeblich entführt und der „Entführer“ fordert nun ein Lösegeld. Doch bei der zu verwechseln ähnliche Stimme handelt es sich nicht um ihr Kind, sondern einen KI-generierten Deepfake.
Diese Tipps helfen Eurem Nachwuchs dabei, auf Social Media auf Nummer sicher zu gehen:
- Achtet auf Details: Zeigt Eurem Kind, dass es jedes Bild genau betrachten soll, bevor es gepostet wird. Geht dabei wie ein Detektiv akribisch vor und schaut Euch alle Details an. Befindet sich etwas im Hintergrund, das lieber nicht in die Hände von Kriminellen geraten soll?
- Kindersicherung: Wenn die Jüngsten ihre ersten Erfahrungen im Internet machen, könnt Ihr sie mit einer Kindersicherung unterstützen. Geht gemeinsam durch, welche Funktionen Ihr aktiviert und welche Ihr einschränkt. Bleibt also immer transparent, anstatt heimlich Entscheidungen zu treffen.
- Freunde: Ermutigt Eure Kids, ihre Freundes- bzw. Follower-Liste von Zeit zu Zeit zu überprüfen. Sie sollten Kontakte entfernen, mit denen sie nichts mehr zu tun haben (wollen) oder die ihnen unbekannt sind.
- Zugriff einschränken: Schränkt den Zugriff auf Fotos ein. Idealerweise sollten nur wirkliche Freunde und zugelassene Familienmitglieder diese sehen können. Geht dafür in die Einstellungen der jeweiligen App und stellt das Konto auf privat.
- Extra Schutz: Aktiviert die Zwei-Faktor-Authentifizierung (2FA) für Social-Media-Konten und erstellt starke, einzigartige Passwörter. Das macht es Kriminellen schwerer, ihr Konto zu übernehmen, wenn sie das Passwort geknackt haben.
- Nicht sofort posten: Besprecht mit den Kids, dass sie Fotos nicht immer sofort posten müssen. Stattdessen können sie ruhig etwas zeitlichen Abstand zwischen Erlebtem und dem Post lassen. Gerade Urlaubsbilder, die darauf hinweisen, dass das Haus in der Zeit unbeaufsichtigt ist, sollten lieber erst nach der Heimreise gepostet werden.