Vielleicht kennt Ihr es auch, die ganze Familie ist auf einem Ausflug ins Grüne oder will am Samstagabend einen gemeinsamen Filmabend zusammen verbringen, doch die Kids kleben nur am Handy. Auch vor dem Schlafengehen hört Ihr vielleicht das ein oder andere Mal: „Nur noch ein kleines bisschen länger, bitte!“ Aber Hand aufs Herz: In den meisten Fällen sind die Erwachsenen nicht viel besser.
Digital Detox – Was ist das?
Digital Detox („digitale Entgiftung“) bezieht sich auf die bewusste Entscheidung, digitale Geräte und Bildschirme für eine bestimmte Zeit auszuschalten oder deren Nutzung zu beschränken, um eine gesündere Balance zwischen digitaler und analoger Welt zu erreichen. Das Ziel ist es dabei nicht nur, weniger Zeit am Handy, Tablet oder Computer zu verbringen, sondern auch weniger soziale Medien oder Online Games zu benutzen.
Zu viel Zeit vorm Bildschirm
Kinder und Jugendliche verbringen heutzutage mehr Zeit vor ihren Bildschirmen als je zuvor. Die durchschnittliche Bildschirmzeit am Smartphone von Jugendlichen lag im Jahr 2023 bei knapp 3,5 Stunden am Tag. Bei einem Drittel fängt die tägliche Handynutzung direkt nach dem Aufwachen an. Zu viel Bildschirmzeit kann allerdings zu Konzentrationsproblemen, sozialer Isolation und sogar einem erhöhten Risiko für Depressionen führen. Das zeigt sich zum Beispiel, indem Kinder weniger Zeit mit Freunden und Familie verbringen oder schlechtere Noten in der Schule bekommen. Die ständige Erreichbarkeit löst bei vielen Stress aus, unabhängig vom Alter. Langes Sitzen und ständiges Starren auf Bildschirme können außerdem zu Haltungsschäden, Augenproblemen und Schlafstörungen führen.
Ist ein sofortiger Verzicht sinnvoll?
In den sozialen Medien ist der Trend zum „kalten Entzug” immer häufiger zu beobachten – man verzichtet plötzlich komplett auf Handy und Co. im Rahmen eines klassischen Digital Detox. Das kann leicht zu einer coolen Challenge für die ganze Familie werden. Wer hält es aus, eine Woche lang auf das Handy zu verzichten oder wer kommt am längsten ohne aus? Für den Sieger kann es auch einen tollen Preis geben!
Anfangs klingt es vielleicht erstmal unmöglich, einige Zeit komplett auf das Handy zu verzichten. Das Motivieren zur Teilnahme am Digital Detox erfordert Einfühlungsvermögen und eine positive Herangehensweise. Erkläre Deinem Kind, warum es wichtig ist, Pausen von digitalen Geräten einzulegen. Betone die Vorteile wie bessere Konzentration, mehr Zeit für kreative Aktivitäten und eine gesündere Balance. Ein wöchentlicher „digitalfreier Tag“ kann eine gute Möglichkeit sein, als Familie zusammenzukommen und alternative Beschäftigungen zu genießen. Belohne Dein Kind nach einem erfolgreichen Digital Detox mit einer besonderen Aktivität oder einem kleinen Geschenk.
Doch Digital Detox kann auch eine Herausforderung sein. Während es zwar viele Vorteile mit sich bringt, können Kids gerade anfangs Schwierigkeit haben, sich von ihren Geräten zu trennen. Vielleicht verspüren sie Langeweile oder haben das Gefühl, dass sie ohne ihr Handy nicht mehr mit ihren Freunden in Kontakt bleiben können. Der kalte Entzug kann auch ähnliche Nebenwirkungen wie ein Entzug von Substanzen oder Ähnlichem sein: Wenn Kinder plötzlich von ihren digitalen Geräten getrennt werden, können sie Entzugserscheinungen wie Unruhe, Reizbarkeit und Frustration erleben. Dies kann vorübergehend sein, aber es ist wichtig, darauf vorbereitet zu sein.
Es kann außerdem herausfordernd sein, wenn Kids ihre Geräte für schulische Aktivitäten brauchen. Ihr müsst auch beachten, dass Euer Kind Euch in Notfällen eventuell nicht kontaktieren kann oder es für Euch nicht erreichbar ist. Für manche Familien ist ein kompletter Verzicht auf alle digitalen Geräte deshalb gar nicht möglich.
Bewusster Verzicht
Ein dauerhafter Digital Detox ist langfristig wahrscheinlich nicht umsetzbar. Er kann aber ein guter Start für eine gesunde Nutzung von Handys sein. Es ist sinnvoll, die Benutzung nicht komplett zu verbieten, sondern sie langsam herunterzufahren. Lasst es in der Familie zur Routine werden, immer mal eine medienfreie Zeit zu genießen, anstatt Handys komplett zu verbannen. Dennoch könnt Ihr auch Zeiten festlegen, in der Ihr alle Geräte komplett abschaltet.
Das Ziel ist es eher, bewusster in der Nutzung von digitalen Geräten zu sein. Euer Kind soll selbst entscheiden können, wann es online sein will und wann nicht, anstatt einen Zwang zu verspüren, dauerhaft online zu sein. Um das im Alltag einfacher zu machen, lohnt sich die Beschränkung der Bildschirmzeit am Handy oder in häufig genutzten Apps. So könnt Ihr zum Beispiel einstellen, dass Social Media nur eine halbe Stunde am Tag genutzt werden darf, danach sind die Apps vorrübergehend gesperrt. Plant gemeinsam Eure technikfreien Zeiten außerdem am besten schon im Voraus. So könnt Ihr oder Euer Kind auch Freunden Bescheid geben, damit sie wissen, wann und warum Ihr nicht erreichbar seid.
5 Tipps für eine bewusste medienfreie Zeit
- Seid gute Vorbilder: Es ist sinnvoll, gemeinsam einen Digital Detox durchzuführen. Wenn Ihr zum Beispiel die Regel aufstellt, dass beim Essen alle Handys aus sein müssen, solltet Ihr Euch auch selbst daran halten.
- Setzt konkrete Ziele: Überlegt gemeinsam, wie lange Ihr als Familie auf digitale Geräte verzichten möchtet. Es kann ein Tag, ein Wochenende oder sogar eine Woche sein. Wenn Ihr konkrete Ziele formuliert habt, ist es einfacher sie zu erreichen und sich anschließend dafür zu belohnen.
- Handyfreie Zonen und Zeiten: Errichtet Zuhause handyfreie Zonen wie das Schlaf- oder Esszimmer. Hier zieht die ganze Familie an einem Strang und Ihr legt gemeinsam fest, wo und wann Ihr Eure Geräte nutzen wollt. Oder Ihr einigt Euch zum Beispiel darauf, dass bei Urlauben und Ausflügen handyfreie Zeit ist.
- Offene Kommunikation: Sprecht mit Eurem Kind über die Vorteile des Digital Detox. Erklärt, warum es wichtig ist, sich ab und zu von Bildschirmen zu lösen. Hört auch ihre Meinung dazu und nehmt ihre Bedenken ernst. Findet gemeinsam einen Weg, der für Euch als Familie am besten passt.
- Gemeinsam kreativ werden: Statt vor dem Bildschirm zu sitzen, könnt Ihr zusammen malen, basteln, musizieren oder Geschichten schreiben. Kreativität fördert die Fantasie und lenkt von digitalen Geräten ab. Ermutigt Euer Kind, neue Hobbys zu entdecken, die nichts mit Bildschirmen zu tun haben. Das kann Sport, Musik, Kochen oder Gartenarbeit sein.